In Österreich sind 19 Prozent aller Kinder und Jugendlichen unter 19 Jahren armutsgefährdet. Heruntergebrochen auf den Bezirk Perg sind das rund 2800 junge Menschen. Auf diese beschämende Tatsache haben die Volkshilfe Perg und die Kinderfreunde Mühlviertel vor dem „Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut“ am 17. Oktober aufmerksam gemacht. Zwei Petitionen sollen hier gegensteuern.
Immer mehr Buben und Mädchen haben nicht die gleichen Chancen auf ein gelingendes Leben, weil sie arm oder armutsgefährdet sind. Sie haben beispielsweise keine adäquate Winterkleidung und können nie auf Urlaub fahren. Sie zeigen vermehrt Entwicklungsstörungen, erkranken häufiger psychisch und sind stärker suizidgefährdet. Das haben bei einer aktuellen Umfrage der Volkshilfe Österreich neun von zehn Ärzt*innen bestätigt.
„Als Volkshilfe stellen wir uns daher unermüdlich dem Kampf gegen die Kinderarmut“, erklärt Sabine Schatz als Vorsitzende des Volkshilfe-Bezirksvereines Perg. Gemeinsam mit den Mühlviertler Kinderfreunden hat sie vor dem „Internationalen Tag für die Beseitigung der Armut“ am 17. Oktober bei einer gemeinsamen Aktion die Kinderarmut an den Pranger gestellt.
Kindliche Bedürfnisse sichern
„In einem reichen Land wie Österreich dürfen weder Entwicklungsmöglichkeiten noch Zukunftschancen der Kinder von den finanziellen Möglichkeiten der Eltern abhängen“, erklärt Schatz. Kindliche Bedürfnisse müssten für alle in Österreich lebenden Kindern gesichert sein. „Am besten durch individuell angepasste Leistungen“, sagt die SP-Nationalratsabgeordnete und verweist auf das in Europa einzigartige Modell der Kindergrundsicherung (siehe auch Info-Kasten). „Dieses Modell der Volkshilfe will durch eine staatliche Teilhabesicherung gleiche Chancen für alle Kinder schaffen. Das Minimum sind dabei 200 Euro monatlich, die an Stelle der Familienbeihilfe jedes Kind in Österreich bekommen würde. Danach wird nach Einkommen gestaffelt, mit einem Maximum von 625 Euro pro Kind“, erklärt Schatz.
Österreichweite Petition gegen Kinderarmut
„Wir sind überzeugt, ein effektives Werkzeug für die Abschaffung von Kinderarmut in der Hand zu haben. Jetzt braucht es den Einsatz vieler Menschen, um aus der guten Idee Kindergrundsicherung politische Realität zu machen“, verweist Sabine Schatz auf die Petition zur Abschaffung von Kinderarmut. Details dazu: www.volkshilfe-ooe.at oder www.kinderarmut-abschaffen.at
Kinderrechte gemeinsam stärken
Unterstützt wird die Petition der Volkshilfe von den Kinderfreunden. Und zwar „aus vollster Überzeugung“. „Es braucht jetzt einen Zusammenschluss vieler Organisationen, um die Kinderrechte gemeinsam zu stärken“, sagt Martin Kraschowetz, Vorsitzender der Kinderfreunde Mühlviertel. Dass mittlerweile jedes fünfte Kind in Österreich armutsgefährdet ist (Tendenz steigend), könnten auch die Kinderfreunde Mühlviertel nicht mehr länger akzeptieren. „Wir müssen endlich dafür sorgen, dass die Unterzeichnung der Kinderrechtskonvention keine leere Unterschrift ist. Es liegt an den politischen Entscheidungsträger*innen, den Fokus ihrer Arbeit endlich verstärkt auf die Bedürfnisse der Kinder zu lenken, um eine gesunde Entwicklung zu ermöglichen“, fordert Kraschowetz.
Petition der Kinderfreunde
Auf diese Schieflagen in der Gesellschaft weist auch Alexander Starzer als Geschäftsführer der Kinderfreunde Mühlviertel hin. „Wir müssen gemeinsam für ein gutes Leben für alle Kinder kämpfen. Es ist wichtig, hier ein Zeichen zu setzen und die Petition für eine Kindergrundsicherung der Volkshilfe sowie unsere Petition für die Kinderrechte zu unterschreiben. Gemeinsam sind wir stark und können einfordern, was jedem Kind zu steht: ein sicheres und gesundes Leben, in dem eine bestmögliche Entwicklung möglich ist“, so Starzer. Details: https://kinderfreunde.at/news/oberoesterreich/unterschriften-aktion
Erfolgreiches Modellprojekt
Die Volkshilfe ist im Jahr 2019 mit ihrem in Europa einzigartigen Modellprojekt Kindergrundsicherung an den Start gegangen, um eine eigene Idee einem Praxistest zu unterziehen. „Wir haben 23 armutsbetroffene Kinder aus ganz Österreich dafür zwei Jahre lang finanziell unterstützt und das Projekt wissenschaftlich begleitet“, erklärt Sabine Schatz, Vorsitzende der Volkshilfe Perg. Man wisse aus der begleitenden Forschung, dass diese Kindergrundsicherung wirkt und sich das Modell spätestens nach zehn Jahren für den Staat rechnet. „Gesündere Kinder und längere Bildungswege bedeuten auch weniger Krankenstände und weniger Arbeitslose in der Zukunft“, so Schatz.