Volkshilfe Perg und Kinderfreunde fordern unverändert die Aufnahme von Kindern aus Flüchtlingslagern und die Einhaltung der Kinderrechte
Durch die Coronakrise und den furchtbaren Terroranschlag in der Wiener Innenstadt, ist die Flüchtlingskatastrophe von Moria und anderen Flüchtlingslagern sehr rasch wieder aus der medialen Öffentlichkeit verschwunden. Nicht verschwunden sind allerdings die vielen Schicksale unschuldiger Kinder, die sich nach wie vor in großer Gefahr befinden. Gerade jetzt, zu Beginn des Winters.
Es ist daher der Volkshilfe und den Kinderfreunden ein großes Anliegen, erneut und weiter darauf hinzuweisen, dass die Kinder unsere Hilfe brauchen und Sie gemäß den internationalen Kinderrechten, auch ein Recht darauf haben.
Es waren die Kinderfreunde, die als allererste Organisation in Österreich die Kinderrechte in den 1980er Jahren zum Thema gemacht haben. Viele schlossen sich an, auch die Volkshilfe. Österreich unterzeichnete schließlich das „Übereinkommen über die Rechte des Kindes“, kurz die UN-Kinderrechtskonvention. Am 20. November jährt sich deren Annahme durch die UN-Generalversammlung zum 31. Mal in Form des „Internationalen Tages der Kinderrechte“.
Und dennoch stehen wir auch am 31. Geburtstag der Kinderrechte vor der Tatsache, dass in Flüchtlingslagern wie Moria, unbegleiteten und schutzlosen Kindern, alle Kinderrechte verwehrt werden und sich die Österreichische Bundesregierung weiterhin weigert, sie nach Österreich und damit in Sicherheit zu bringen. Noch immer harren nach Schätzungen des Kinderhilfswerks UNICEF über 1.500 Kinder völlig alleine, ohne Schutz in einem zerstörten Lager, auf der griechischen Insel Lesbos aus. Und mit dem beginnenden Winter werden auch jene Zelte den Kindern nicht mehr helfen, die die österreichische Bundesregierung bisher als „Hilfe“ zur Verfügung gestellt hat.
Was jene Kinder wirklich brauchen, ist Geborgenheit, Sicherheit, ein warmes Dach über dem Kopf, Bildung und jemanden, der sich altersadäquat um sie kümmert. Artikel 31 der internationalen Kinderrechtskonvention spricht Kindern das Recht zu, dass die unterzeichnenden Staaten, darunter auch Österreich, das Recht der Kinder auf Ruhe, Frieden, Spiel, altersgemäße Erholung und freie Teilnahme am gesellschaftlichen Leben anerkennen und sich für dieses Recht einsetzen.
Die österreichische Bundesregierung verletzt mit ihrer Weigerung Kinder aufzunehmen also internationales Recht. Darüber kann man auch mit der vermeintlichen Hilfe durch Lieferung von Zelten kurz vor dem Winter nicht hinwegtäuschen.
Wir haben „Zimmer frei!“
Sowohl die Volkshilfe, als auch die Kinderfreunde verfügen in Oberösterreich über zahlreiche Unterkunftsmöglichkeiten, in denen sofort betroffene Kinder fürsorglich aufgenommen werden könnten. Seien es derzeit leerstehende Flüchtlingsquartiere oder auch Kinderfreunde-Häuser wie das Mühl-fun-viertel in Klaffer/Hochficht, das derzeit aufgrund der Coronakrise ebenfalls keine Gäste beherbergt.
All diese freien Quartiere wurden der Bundesregierung mehrfach angeboten, sie für die Unterbringung von Kindern aus Flüchtlingslagern zu verwenden. Unsere Angebote wurden bis zum heutigen Tag ignoriert.
„Es ist einfach eine Schande und man fragt sich schon, was einerseits aus der humanistischen, hilfsbereiten Rolle Österreichs geworden ist, und andererseits auch, wie hartherzig, kalt und unmenschlich hier seitens der Bundesregierung agiert wird. Zusätzlich sei erwähnt, dass es erschreckend ist wie gleichgültig auch mit internationalen Verträgen, konkret der Kinderrechtskonvention, umgegangen wird. Das kann und darf nicht so hingenommen werden“, betont Martin Kraschowetz, der Vorsitzende der Kinderfreunde Mühlviertel.
Auch die Volkshilfe Perg hat „Zimmer frei!“
„Diese Situation war und ist skandalös und wird ohne sofortige Hilfe skandalös bleiben“, erklärt Sabine Schatz als Vorsitzende der Volkshilfe Rohrbach. Auch viele Wochen nach den Bränden in Moria müssen Tausende Menschen, darunter viele Kinder und Jugendliche, auf der Straße oder in menschenunwürdigen Lagern leben, der bevorstehende Winter wird deren ohnehin schon furchtbare Lage dramatisch verschlechtern.
„Als Volkshilfe Perg fordern wir daher gemeinsam mit den Kinderfreunden erneut die Aufnahme einer namhaften Anzahl unbegleiteter Minderjähriger in Österreich“, so Schatz. Allein die Volkshilfe Oberösterreich sei in der Lage, sofort 250 unbegleitete Kinder und Jugendliche in bestehende Quartiere aufzunehmen und dort auch zu betreuen. „Wir haben Zimmer frei und die Möglichkeiten, die Mittel, die Erfahrung und auch viele hilfsbereite Menschen, um diesen Flüchtlingen zu einem würdigen Dasein zu verhelfen. Diese Aufnahme und Betreuung würde viel Leid lindern und keineswegs zu Lasten der heimischen Bevölkerung gehen“, sagt die SP-Nationalratsabgeordnete.
Letztes Quartier musste im Sommer geschlossen werden
Die Volkshilfe Oberösterreich war 1997 österreichweit eine der ersten Organisationen, die Quartiere für unbegleitete Minderjährige eingerichtet haben. „Von den dann insgesamt neun Quartieren für zirka 300 Jugendliche mussten wir im Sommer auch das letzte in der Linzer Raimundstraße schließen“, erklärt Schatz. Für sie ist das „die Folge der Hardliner-Flüchtlingspolitik der vergangenen Jahre“.
Haltung der Bundesregierung „zynisch“
„Die Hilfe für schutzsuchende Menschen hat für die Volkshilfe eine lange Tradition. Deshalb ist für uns die unmenschliche und zynische Haltung der Bundesregierung unerträglich“, erklärt die Perger Volkshilfe-Vorsitzende. Die Zivilgesellschaft habe 2015 geholfen und für viele Menschen Hoffnung und neue Lebenschancen gebracht. Netzwerke und Kontakte wurden geknüpft, auch für die Integration wurde viel geleistet. „Und wir sind auch jetzt wieder bereit, Menschen in unbeschreiblicher Not zu helfen. Die Ressourcen sind vorhanden, die Bereitschaft auch. Jetzt braucht es nur mehr ein Go der Regierung und Österreich ist international nicht mehr isoliert, sondern wird seiner Hilfstradition gerecht“, so Sabine Schatz abschließend.